Über die letzte Geburt hatte ich ja hier auf dem Blog schon einmal berichtet. Und vielleicht packt es mich ja auch irgendwann und ich berichte auch nochmal über die Ankunft von meiner kleinen Maus. Wer weiß. Aber im Moment trage ich die Erinnerung noch als kleinen intimen Schatz mit mir rum. (Und außerdem: Was gibt es über 10 Minuten im Kreissaal schon groß zu berichten. Ha! ;-))
Heute möchte ich hier ein paar Gedanken über das teilen was danach kommt. Wochenbett nennt man das ja in der Hebammen-Sprache. Und normalerweise sieht es ungefähr so aus: Die frischgebackene Mutter hat das Herz und den Kopf voll von überwältigender Liebe. Sie will alles richtig machen. Alles ist neu und das Baby unberechenbar und so gibt es wenigstens noch eine Sache die sie kontrollieren kann: den Haushalt. Der Anspruch an sich selbst bleibt der gleiche, die Gedanken rasen in die Zukunft. Wer hat schon Zeit fürs Wochenbett? Das Baby braucht nicht nur eine saubere Windel und saubere Kleidung es braucht auch eine saubere Wohnung, eine saubere Mama, ordentlich gefaltete Kleidung, noch mehr Kleidung, sauberere Kleidung, Einkauf, Cremes, Windeln (die besten!) und und und… Außerdem geht das Leben ja weiter. Da ist so viel liegen geblieben in den letzten Schwangerschaftswochen, oder? Briefe zu beantworten, Freunde zu benachrichtigen, Besuch zu bewirten, … ToDo’s ohne Ende. Die haben sich irgendwie nach der Geburt nicht mit den Wehen verflüchtigt. Und wenn all die ToDo’s erledigt sind, dann gibt es noch Artikel zu lesen: Übers Stillen, Schlafen, Wochenbett und über so vieles mehr!
So sah das bei mir beim ersten Baby aus. Wir waren zu zweit zu Hause – also jetzt plötzlich zu dritt. Und ich hatte mehr Zeit als je zuvor und trotzdem war ich die ganze Zeit auf den Beinen. Es gab ja sooo viel zu tun. Gibt es immer, oder?
Mit Hebamme ins Wochenbett
Bei der zweiten Schwangerschaft hatte ich die weltbeste Hebamme! Sie brachte mir eine ganz neue Vorstellung von Wochenbett nah. Erzählte mir, dass Wochenbett genau so gemeint war: W-O-C-H-E-N-B-E-T-T! Wochenlang im Bett. Mit großen Augen fragte ich sie was ich denn da machen soll und sie antwortete ganz gelassen: „Schlafen, Bücher lesen, Serien gucken, essen und mit dem Baby kuscheln.“ Schon in der Schwangerschaft bereitete sie mich auf diese Zeit vor. Sie sagte ich solle mich darum kümmern wer in der Zwischenzeit den Haushalt macht. Ich sollte mit meinem Mann darüber sprechen was er bereit ist zu leisten und woher wir Hilfe bekommen. Ich glaube vor allem sprachen wir darüber, damit mein Herz sich fürs Wochenbett bereit machte.
Nichts zu tun.
Ich bin gerne nett zu Menschen. Habe es mir zum Beruf gemacht anderen zu helfen. Ich liebe meine Kinder und bin bereit mich, weit über meine Grenzen hinaus, für sich aufzuopfern. Aber es gibt eine Person bei der es mir sehr schwer fällt nett zu bleiben: Mich selbst.
Es gibt eine kleine Stimme in meinem Kopf, die will, dass ich stark und unverletzlich und unersetzlich und unerschütterlich bin. Bloß keine Schwäche zeigen. Und mach dich bloß niemals von anderen abhängig. Du wirst gebraucht! Du kannst nicht schlapp machen! Steh auf! Weiter gehts!
Liegen bleiben.
Ich tat es einfach. Da war eine Hebamme die wusste was sie tat und sagte. Und während ich nur auf die anderen und auf mein Baby achtete, hatte sie Acht auf mich. Sie erklärte mir wie mein Hormonhaushalt sich nach der Geburt erholen müsste und das ginge am Besten im Bett. An meinem Körper würde die Geburt wahrscheinlich nicht spurlos vorbei gehen. „Du brauchst Ruhe“. Deine Bauchmuskeln müssen wieder ihren Platz finden. In den ersten Tagen schläft dein Baby noch die meiste Zeit – das ist deine Chance Kraft zu tanken. Genieße dein Wochenbett!
Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.
– Winston Churchill
Wochenbett damals und heute
Ich las von der Entstehung des Wochenbetts und davon, dass diese Wochen früher „der einzige Urlaub im Leben einer Frau“ waren. Früher? Vielleicht hat sich gar nicht so viel geändert, oder? Wir sind Frauen, wir sind stark und wir lassen uns von nichts umhauen! Auch nicht von einem Kind. Nein, erst recht nicht von einem Kind. Wir können das: Ehe, Haushalt, Karriere und Kind. So ist der Plan. Wochenbett? Das ist was für Schwache.
You don’t always need a plan. Sometimes you just need to breathe. trust. let got. and see what happens.
– unbekannt
Ich habe entdeckt wie viel Stärke darin lag, aufzugeben und loszulassen. Es hat mich sooo viel gekostet mich da ins Bett zu legen. Stolz. Ego. Selbstachtung. Aber ich war bereit den Preis zu bezahlen, denn ich vermutete, dass auf der anderes Seite dieser Erfahrung „Wochenbett“ Freiheit, Stärke und Erholung auf mich warteten. Und so war es. 10 Tage lag verbrachte ich mindestens 20 der 24 Stunden im Bett. Ich hatte es mir kuschelig gemacht, hatte mich damit abgefunden Hilfe anzunehmen. Vertraute meinen Sohn anderen Menschen an. Mein kleines Baby auch ab und zu. Ich schlief und aß und guckte Serien und las Bücher. Ich lernte um Hilfe zu fragen. Jedes Mal wenn ich danach fragte ob jemand mir ein Glas Apfelschorle bringt, kam ich mir so dumm vor. So schwach.
Und während sich mein Körper erholte, lernte mein Herz schwach zu sein. Und einfach Danke zu sagen.
Und als ich nach 10 Tagen mit Genehmigung meiner Hebamme mein Nest verließ, packte mich die Wehmut. Ich sah mein kuscheliges Lager, schüttelte das Bett aus und verabschiedete mich von dieser Zeit. Ich hatte die letzten Tage wie auf Kohlen dort gesessen und nun war es vorbei. Leider. Schön war es. Mutig war ich gewesen. Mutig genug schwach zu sein. Und stark fühlte ich mich. Jetzt hinterher.
Also, wenn da irgendjemand da draußen ist, der sein Wochenbett noch vor sich hat, überlege doch einmal wie du dir diese kostbare Zeit des Wochenbetts gestalten möchtest. Ob du wirklich so unverzichtbar stark sein willst. Oder ob es nicht auch mal eine Zeit gibt in der du ruhig und schwach sein darfst. Ich wünsche dir eine genauso schöne Erinnerung wie ich sie mit mir herumtragen darf!