Ich habe schon lange überlegt wie ich über dieses aufregende Thema einmal schreiben könnte. Es ist ja schon irgendwie intim… Und trotzdem wird viel darüber geredet. Es gibt wohl so viele Vorurteile wie über kaum ein anderes Thema. Und so viele Ängste. Nur irgendwie finde ich reden viel zu oft die falschen darüber. Deshalb wage ich es jetzt. Denn ich wurde praktisch mit der Nase darauf gestoßen. Vor einigen Tagen hab ich ein Video gesehen, dass gerade wild in den sozialen Medien geteilt wird. Ein Mann soll durch Sensoren am Bauch den Geburtsschmerz einer Frau nachempfinden können. Er schreit, stöhnt und bringt zum Ausdruck, dass er es nicht aushalten kann.
Und ich frage mich, wem mit diesem Video geholfen werden soll. Ist es einfach nur lustig? So witzig finde ich es nicht – es wirkt eher ganz schön gespielt. Soll es zeigen was für Weicheier Männer sind? Na herzlichen Glückwunsch, das wird unserer Gesellschaft ganz bestimmt sehr gut tun. Immer rauf auf die Männer. Soll es den Frauen gegenüber ausdrücken wie viel Respekt wir ihnen entgegen bringen für das Ertragen dieser Schmerzen? Vielleicht. Aber ich vermute, dass es Frauen ohne Kind hauptsächlich Angst einjagt und all die Vorurteile bestätigt, die wir über Geburten so kursieren lassen.
Laut Hollywood und Volksmund dauert eine Geburt ja ungefähr 30 Minuten. Deshalb muss man sich auch immer sehr beeilen, wenn frau plötzlich aus dem Nichts heraus ruft „Schatz, es geht los!“. Dann düsen beide sofort ins Krankenhaus, wo sich die Frau noch zehn Minuten laut schreiend und stöhnend und pressend auf ein Bett legt, die Hand von ihrem Mann drückt und dann ist das Kind da. „Herzlichen Glückwunsch, es ist ein Mädchen!“ sagt dann die Hebamme. Cut. Nächste Szene. Es ist wohl kaum etwas weiter von der Realität entfernt als diese Darstellungen.
„Das sind die schlimmsten Schmerzen, die ein Mensch bei Bewusstsein aushalten kann“, wurde mich mal gesagt. Das weiß ich bis heute noch. Und es machte mir Angst.
Ich habe vor meiner ersten Geburt so viele Schauergeschichten gehört. Und die haben sich bei mir eingebrannt. Obwohl ich es besser wusste und sogar in Uganda schon einmal bei einer Geburt helfen durfte. Meine eigene Ungewissheit und Unsicherheit, bei dem Gedanken an die Geburt meines Kindes, haben mich so empfänglich für all diese Märchen gemacht – und ich vermute ich bin nicht die einzige Frau der es so geht. Das ist auch der Grund aus dem ich schreibe. Denn ich habe selbst vor Liams Geburt einen sehr ermutigenden Blogpost dazu gelesen und hoffe ich kann hier auch meinen Teil dazu beitragen Geburten zu sehen, wie sie wirklich sind. Aufregend. Aushaltbar. Natürlich und Wunderschön.
So wie unsere Augen dazu gemacht sind um zu sehen. Und unsere Füße um zu laufen und unser Mund um zu sprechen. So ist unsere Gebärmutter dazu geschaffen Kinder zur Welt zu bringen. Sie wird in unserer Gesellschaft selten dafür genutzt, aber dazu ist sie da! Wir sind dazu ausgestattet. Unser Körper kann das. Es ist alles vorbereitet.
Vor Liams Geburt sprach ich auch mit einigen Frauen, die mir sehr viel Mut gemacht haben. Eine Arbeitskollegin dachte kurz nach als wir über Geburten sprachen und sagte dann: „Weißt du was, ich würde sofort mit dir tauschen!“ Sie hatte ihre drei Geburten in guter Erinnerung. Eine Hebamme half mir zu fühlen, dass der Babykopf tatsächlich nur ein paar Zentimeter breit ist und nicht wie in meiner Vorstellung so groß wie ein Fussball. Das hat mir alles so sehr geholfen! Umso mehr ich mich damit beschäftigte umso natürlicher und einfacher wurde dieser ganze Mythos Geburt. Zum Glück.
Am Ende von Liams Geburt sagte mir die Hebamme, dass sicher alles so gut gelaufen sei, weil ich so eine positive Einstellung dazu hatte. Ich hatte zu Beginn der Geburt die ersten starken Wehen bekommen und war auf dem Weg zum Kreissaal. Da hab ich irgendwie halb ernst, halb im Scherz zu meinem Mann gesagt: „Juhu, jetzt kriegen wir unser Baby!“. Bis Liam geboren wurde dauerte es ab diesem Zeitpunkt nicht einmal zwei Stunden (ich weiß, da hatte ich auch Glück, das muss nicht immer so schnell gehen). Und ja, es tat weh. Doll genug, dass ich alle Scham die ich bis dahin besaß vergessen habe. Ich hatte mich immer gefragt unter welchen Umständen man mich wohl dazu bringen würde so komisch zu atmen und all die Dinge umzusetzen die mir im Geburtsvorbereitungskurs komisch vorkamen. Jetzt war dieser Moment gekommen. Ich hörte auf mir darüber Gedanken zu machen was andere – inklusive meines Mannes – wohl von mir denken könnten. Das ist auch eine befreiende Erfahrung finde ich. Seitdem würde ich vor meinem Mann alles machen (ohne euch hier weitere Details auszumalen, hihi).
Das waren aber nicht einfach nur Schmerzen, ein dummes Missgeschick oder eine unglückliche Verletzung. Das war mein Baby! Die ganze Geburt über wusste ich das, ich spürte wie es sich auf den Weg zu uns macht. Ich habe mir gewünscht, dass es vorbei geht – aber nie das es aufhört. Denn das wollte ich ja: mein Baby in den Arm nehmen! Außerdem war ich nicht einfach hilflos und kontrolliert von Hebammen und Schmerzen. Ich wusste was da passiert. Ich war Herrin der Lage. Ich spürte wie mein Baby sich auf dem Weg macht und die ganze Zeit über dachte ich „Einfach weiter, dein Baby kommt!“.
Dann war er da. Viel schneller als erwartet. Und mit einem Mal sind die Schmerzen weg. Wehen dauern nicht ewig. Eine Geburt dauert nicht ewig. Sie hat einen Anfang und ein wunderschönes Ende. Jetzt war nichts mehr da außer Freude! Ich habe mich gefühlt wie eine Heldin. Ich war so stolz und so glücklich. Das hatte ich geschafft, das habe ich gut gemacht. Das war es wert!
Die zwei Tage danach habe ich mich noch gut an die Schmerzen erinnern können. Einmal schreckte ich aus dem Schlaf hoch. Aber dann gab es einen Moment, den ich nie vergessen werde. Ich sah zu meinem kleinen Baby rüber ins Bett- und ich liebte ihn so sehr! Und dann sagte ich ihm (und mir selbst): „Wenn ich das jeden Tag tun müsste nur um dich bei mir zu haben, du wärst es wert. Ich würde es immer wieder machen.“ Danach begann ich nach und nach das Gefühl der Schmerzen zu vergessen. Und jetzt warte ich auf nichts sehnlicher als in einigen Monaten ein weiteres Baby zur Welt zu bringen – wirklich, ich freue mich darauf! Das wird ein wunderschöner Tag!
Denn ich weiß jetzt, dass ich das kann. Ich glaube jede Frau kann das. Wir sind dazu gemacht. Alles ist vorbereitet.
3 Antworten auf „Babys Geburt – du kannst das!“