Gedanken einer vierfach Mama 3/4
Eigentlich hatte ich gar nicht vor, wieder in die Themen Schwangerschaft, Geburt, Mama-Identität und Erziehung einzutauchen. Ich habe dieses Mal keine Hebamme, lese keine Bücher, weiß nicht immer welcher Frucht die Größe meines Babies entspricht. Ich bin ruhig, weiß was auf mich zukommt und genauso auch, dass ich so wenig in meiner Hand habe und immer alles anders kommen kann. Letztens gratulierte mir eine Mama von sechs erwachsenen Kindern, mit denen ich aufgewachsen war, zu meiner Schwangerschaft. Und ich merkte, eine besondere Verbundenheit. Ich war innerlich so bereit, ihre Worte zu hören. Sie wogen so viel für mich. Und so ging es mir tatsächlich auch am Anfang meiner ersten Schwangerschaft. Mein Herz lehnte sich automatisch an die mit mehreren Kindern. An die mit weniger starken Meinungen und mit viel Erfahrung. Und jetzt bin ich das vielleicht für einige andere. Ich weiß nicht, wie oft ich Lust haben werde über Dinge zu schreiben oder zu reden, die mir so selbstverständlich vorkommen. Aber heute Morgen hatte ich Lust. Hatte Lust diese Worte ganz oldschool hier in meinen Blog zu tippen.
Die Frage, was dein Baby braucht, wird von allen Büchern, Instagramaccount, Apps und Elternzeitschriften ausgeschlachtet und es gibt unendlich viele Antworten darauf. Denn die meisten dieser Antworten bringen Geld in die Taschen von Baby-Lifestyle-Produkt-Erzeugern. Und die meisten frisch gebackenen Eltern haben den festen, unbewussten, Vorsatz, dass es ihrem Kind an nichts mangeln soll. Eine äußerst gute Zielgruppe für Marketingagenturen. Ich sage das nicht aus Klugscheißerei. Bin there, done that. Den Konsum, sowie das Marketing.

Aber letztens sollte ich eine Bewertung zu einem chicen, kleinen, minimalistischen Label abgeben, dass „das Beste für dein Kind“ versprach. Die Preise spiegelten das ebenso. Und tatsächlich waren das tolle Produkte. Ich sagte, in meinem Statement, dass ich mir wünschen würde, dass diese Produkte nicht nur „das Beste für ein ohnehin im weltweiten vergleich privilegiertes Kind“ im Fokus haben sollten. Denn ich finde, zu diesen Preisen wäre sicher auch etwas mehr von „das beste für meine Mitmenschen“ und „das Beste für den Planeten“ drin. Denn bei aller Liebe für mein (ungeborenes) Kind, dass innerlich gerade zum neuen Mittelpunkt meiner Welt werden kann, gibt es eine Welt die weit größer ist als dieses kleine Wesen. Eine Welt, die dieses Kind beeinflusst und die durch mein Kind beeinflusst wird.
„Okay Sarah, und was braucht man jetzt?“ höre ich mein früheres ich fragen. Man braucht eine gute (und immer wieder sich verändernde) Antwort auf die Frage: „Wie wollen wir als Eltern sein? Welche Werte sind uns wichtig?“ und dann braucht man eine Menge Zeit um dazusitzen und nachzudenken. Zu fühlen, sich einzulassen, loszulassen, anzunehmen, willkommen zu heißen. Zeiten in denen keine App mir diktiert, was ich noch auf meinen Wunschzettel schreiben soll. Denn so abgedroschen das klingt: Als Eltern brauchen wir Liebe. Jede Menge davon. Und die lässt sich einfach nicht in Gütern ausdrücken.
Und dann hilft es vielleicht, erstmal zu sagen, was ich finde, was man nicht braucht: ein (größeres) Auto, einen Stubenwagen, ein eigenes Zimmer für das Baby. Ich habe es genossen einen Kinderwagen und ein Sling-Tragetuch zu haben. Außerdem liebe ich den Babywipper von Baby Björn, in dem saß und schlief Tessa während ich das komplette Buch „Weit weg, zu mir zurück“ geschrieben habe. Ich hatte bisher immer einen Babybay für die Kinder. Würde mir aber heute mit „Ikea Hack“ ein normales Kinderbett als Bay an das Bett stellen, das länger hält als so ein kleiner Babybay. Ich finde ein gutes Stillkissen oder mehrere Kissen im Bett zum Stillen toll. Und natürlich gibt es sehr viele praktische Dinge, die man von all den Anschaffungslisten kaufen kann. Aber die meisten dauern in der Anschaffung 30min (Avent Trinkfalsche von DM) bis max. 5 Tage Lieferzeit (Holz-Spielebogen von Etsy). Und so finde ich es besser einfach abzuwarten und die Dinge zu kaufen wenn man sie tatsächlich braucht. Jedes Kind ist ja auch unterschiedlich.

Was Geschenke von den Verwandten angeht, finde ich es tatsächlich wertvoll sich teure, faire und langlebige Kleidungsstücke zu wünschen. Mit genauer Farb- und Größenangabe. Denn es sind genau diese wertvollen Kleidungsstücke, die auch noch das vierte Kind tragen kann ohne, dass sie verwaschen aussehen. Oder die du nach dem zweiten Kind bei Vinted zu 60% des Anschaffungspreises verkaufen kannst. Und mit dieser Argumentation verstehen auch die meisten Familienmitglieder deine klaren, detaillierten Wünsche und freuen sich dann, wenn sie ihre Geschenke tatsächlich lange in Gebrauch sehen.
Darüber hinaus „brauche“ ich einfach ein paar schöne Dinge. Die nicht nur ihren Zweck erfüllen, sondern mich glücklich machen. Einfach weil sie wertvoll und schön sind. Ich liebe es, mein Baby in schöne Decken zu hüllen und den Schnulli an einem handgeknüpften Band zu befestigen. Das habe ich früher oberflächlich gefunden. Heute sehe ich es als wertvollen Teil meiner Persönlichkeit, die Ästhetik einfach mag, und als tollen Weg das Mutter-Sein zu zelebrieren. Denn mit Freude macht es einfach alles viel mehr Spaß. Und da lassen sich dann auch mal eigene Fehler, falsche Entscheidungen oder dunkle Charakterzüge, die immer mal wieder an die Oberfläche kommen, übersehen. Du darfst es dir gut gehen lassen! Und du darfst Fehler machen! und du darfst wachsen! Ich denke dein Baby braucht eine Mama, die das weiß.
