Frische Knospen und Vogelgesang, das Geschnatter der zurückkehrenden Zugvögel am Himmel, leichte Kleidung und dann endlich das erste Mal Birkenstocks. Hühner, die im Sand baden, Gänseblümchen auf dem Rasen, Krokusse, Ostervorbereitung, Fenster putzen, Gartenmöbel, mit dem Fahrrad zur Kita und einfach die Luft die so frisch riecht, wie das helle Grün, das langsam an vielen Bäumen zu sehen ist. Ich liebe den Frühling und habe längst, bei seinen ersten Anzeichen mit den Kindern eine noch längere Wasserrutsche als die improvisierte aus dem letzten Jahr für den Garten von ihrem Taschengeld bestellt und Sommerkleidung bei Vinted geshoppt. Wir haben die Fahrräder geputzt und geölt und neue Gartenmöbel gekauft. Mein Mann hat auch ein neues Spielzeug: Auf dem gibt es jetzt bald Gegrilltes und sogar mit Pizzastein. Die Vorfreude ist groß! Wir sind bereit für die Sonne und die Wärme.

Ich habe mich gefragt, ob die jeweilige Lieblingsjahreszeit und wohl etwas über unsere Persönlichkeit sagt. Und ich habe sie mir einiges flüstern hören. Denn den Frühling liebe ich, wie ich alle Neuanfänge liebe. Routinen und Traditionen und vor allem wiederkehrende Arbeiten ermüden mich. 

Und manchmal ist dieser Hunger nach Neuem ein Warnsignal. Ein Zeichen einer inneren Unruhe, die versucht wird durch äußere Veränderung zu stillen. Ein Hinweis darauf, dass ich an den falschen Orten nach Zufriedenheit suche und, dass neu nicht immer besser heißt. Ein Zeichen dafür, dass ich ein Dopamin-Junkie bin, gefüttert von Reels und Likes meistens gut abgedeckt und doch nie wirklich satt. Manchmal ist diese Frühlingssehnsucht eine Einladung, meinen Durst dort stillen zu lassen, wo meine Seele wirklich zur Ruhe kommt. Von einem Wasser zu trinken, dass nie mehr durstig macht. Manchmal.

Und manchmal erlaubt der Frühling zu erkennen, dass ich eigentlich nicht nur neu sondern wirklich besser suche. Dass mein kahles Inneres, das viel losgelassen hat, wie Blätter im Herbst, und durchgehalten hat, wie die Zweige im Winter und ertragen hat, als würden eisige Schneedecke und kalter Wind sich ablösen, nun endlich wieder blühen will. Manchmal ist diese Sehnsucht so schmerzhaft, denn, was wenn nicht alles neu und besser wird? Was wenn meine Wünsche sich nicht jetzt sofort realisieren lassen? Was, wenn meine innere Veränderung an meiner eigenen Begrenzung scheitert?

Dann lässt mich der Frühling dennoch aufatmen. Denn es ist nicht der erste und es wird auch nicht der letzte sein. Die Hoffnung des Frühlings liegt darin, dass immer wieder ein neuer kommt. Dass kein Winter, keine Kälte und auch kein plötzlich einsetzender Hagelsturm ihn aufhalten kann, sich immer wieder breit zu machen. Immer wieder wird die wärmende, noch sanfte Sonne die kahlen Stellen berühren. Immer wieder wird sie mit den Vögel und den Knospen rufen: Komm! Auf! Ein Neuanfang! Und wenn auch ein erneuter und wenn auch nicht der letzte. Aber nie wird die Hoffnung sterben. Nie wird es Winter bleiben.

Auf dem Foto seht ihr den See Genezareth an der Stelle vor Petrus‘ Haus. Mit Zugvögeln aus dem Norden.

Eine Antwort auf „Was sagt mir die ungestillte Sehnsucht nach Neuem?

  1. Liebe Sarah,

    ich kenne diese Freude an (fast!) allem Neuen so gut. Ich liebe Neuanfänge und ermüde schnell in Momenten, in denen alles so läuft, wie es eben immer läuft. Und ich stimme dir zu, dass diese ermüdenden Zeiten notwendig und lehrreich sind.
    Mir ist als Kind und Jugendlicher oft vermittelt worden, dass meine Sprunghaftigkeit in erster Linie eine negative Eigenschaft ist. Mittlerweile sehe ich das nicht mehr so. Ich finde es spannend zu beobachten, wie sehr wir uns als Menschen in unseren Gesellschaften gegenseitig brauchen. Mit unseren unterschiedlichen Eigenschaften und Begabungen. Wie sehr wie diejenigen brauchen, die bewahren und durchhalten. Aber wie sehr wir eben auch diejenigen brauchen, die von Idee zu Idee hüpfen, sich schnell begeistern lassen und ohne zu Zögern neue Wege austesten.

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