Ich liebe mein Handy – es kann alles! Mir den Weg sagen, meine Rezepte raussuchen, mir sagen wann ich stillen muss, wer Geburtstag hat, wann ich meine nächste Regel erwarte. Mein Handy kennt alle meine Freunde, weiß wo sie wohnen. Es zeigt mir im Dunkeln den Weg und lässt mich schöne Momente auf Fotos festhalten. Doch ohne Handy weiß nicht wohin mit meinen Händen und Augen und ob ich es heute wohl noch lebendig nach Hause schaffe. Ohne mein Handy bin ich nackt.

Gestern Abend hatte ich ein kurzes Blackout (Stilldemenz – gibt es das wirklich!?) und wusste den PIN für meine SIM-Card nicht mehr. Panik! Ich bin nicht zur Ruhe gekommen bis ich sie wieder hatte. Mein Hirn lief auf Hochtouren. Ich wusste, das war nicht logisch – totale Überreaktion. Aber ich konnte nicht anders.

Und da merke ich, wie aus dem großartigen Hilfsmittel ein kompliziertes Suchtmittel wird. Ich gucke da einfach zu oft drauf. Werde abhängig davon. Wie der Reflex wenn man nach Hause kommt zum Kühlschrank zu gehen, geht meine Hand immer wieder Richtung Handy und checkt immer und immer wieder Facebook und Instagram und ..und … und nur noch schnell ihren Blog. Und ah, das Video. Und seine Seite. Und dieser Link noch. Und schon sind 20 Minuten vorbei. Zwanzig Minuten an die ich mich morgen nicht mehr erinnere. Sie haben meinem Leben nichts bleibendes gegeben. Sind meiner unkontrollierten Sucht zum Opfer gefallen. (Sind das zu starke Worte oder habe ich es hier einfach mal beim Namen genannt?)

You want technology to support your life, not to run it. The problem is not that the cell phone rings, but that we answer it when we shouldn’t. (Odette Pollar)

Mein kleiner Mann ist auch schon ganz interessiert – mit vier Monaten! Und wenn ich mir das mal aus seiner Perspektive angucke, muss ja bei ihm irgendwie ankommen: „Das muss ja ein total tolles Wesen sein. Es bekommt ja genauso viel Aufmerksamkeit wie ich. Das geht sogar mit aufs Klo und mit ins Bett…“. Die Tochter einer Freundin fragte sie letztens: „Mama, sind Papa und du eigentlich handy-süchtig?“. Manchmal sollten wir unseren Kindern zuhören und von ihnen lernen.

Morgens nach dem Aufstehen geht mein erster Blick auf den Display. Und bevor ich abends meine Augen schließe guck ich auch nochmal schnell ob’s was Neues gibt. Und zwischendurch so alle 15 Minuten – schätze ich. Wenn ich mal ehrlich bin.

Dabei möchte ich doch hingucken wie mein Sohn sich zum ersten Mal seinen Daumen in den Mund steck. Und wie herrlich fröhlich er mich anlacht. Ich möchte morgens zur Sonne aus dem Fenster gucken (die toller Weise auf unserer Schlafzimmerseite aufgeht). Kurz durchatmen. Dankbar sein. Ankommen. Meinen Mann küssen und mein Baby kuscheln. Ich möchte ganz da sein. Ruhig sein. Zufrieden.

Every day, set the simple goal of being more awake and less distracted (Russel Simmons)

Ich merke, dass was mich so oft zum Handy treibt nicht gesund ist. Mein Ego will Bestätigung. Wem gefalle ich? Wer spricht über mich? Manchmal kann ich auch einfach die Ruhe nicht aushalten, bin so getrieben, dass zur Ruhe kommen und nicht unterhalten zu werden fast weh tut. Ich schaffe es nicht meiner Seele zuzuhören. Dann ist das Handy die Lösung – da draußen ist immer was los. Ablenkung. Und ich will dabei sein. Will wissen was läuft, wer was sagt und wer was tut. Und wer was isst oder trinkt. Und wer wohin fährt und wer wen trifft. Und am Ende des Tages habe ich es schon so oft verpasst, die Momente mit mir alleine und die mit und meinen Liebsten wahrzunehmen und zu genießen. Habe vergessen wen ich selbst getroffen habe, was ich selbst gegessen habe, wo ich war und was ich selbst gesagt und gedacht habe. So abgelenkt war ich.

Ich liebe mein Handy. Bin dankbar dafür. Aber ich möchte mein Handy in der Hand haben – momentan scheint es als hätte es mich in der Hand. Ich will es nutzen und mich nicht benutzen lassen. Und damit soll jetzt mal Schluss sein. Ich habe mir einige kleine Regeln aufgestellt die mir dabei helfen sollen. Mal für sieben Tage. Erstmal. Und dann vielleicht für immer.

rule my phone

So. Los geht’s. „Nackt sein“ ist ja auch in gewisser Weise ein Ausdruck von Freiheit, richtig? Ich freue mich drauf!

(Das Bild lässt sich auch drucken oder als Display-Hintergrund verwenden, wenn du auch mitmachen möchtest. Zusammen sind wir stärker!)

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