Ruhe. Es ist neun Uhr, ich komme nach Hause und es ist ruhig. Ich bin allein und hier bleibt jetzt alles erstmal so liegen, wie ich es hingelegt habe. Niemand wird ein Buch lesen wollen, sagen, dass ihr langweilig ist, aufgefordert werden müssen Klavier zu üben oder ein Gespräch mit mir über die wichtigen Themen des Lebens führen wollen. Die Sommerferien sind vorbei.

Ich schleppe mich schon seit ein paar Tagen mit den ersten Anzeichen einer Erkältung herum. Mein Körper steht auf Pause. Mein Kopf rattert. Die Kita-Gutscheine müssen beantragt werden und dazu muss ich noch telefonieren. Das Finanzamt muss ich auch anrufen. Drillionen Paypal-Überweisungen warten, diesen Herbst muss ich unbedingt auf den Flohmarkt! Und die Fenster putzen. Und diesen Text hier schreiben. Ich versuche Dringliches von Wichtigem zu trennen und harke schnell die zwei unangenehmen Telefonate ab um dann alles zu vergessen und zu schreiben.

Endlich wieder schreiben. In Ruhe. Wenn ich das tue, ist es immer als würde meine Seele wieder atmen. Als hörte ich mein Herz schlagen, ruhig und kräftig. Es ist als wäre ich in meinem Element. Und das bin ich jetzt wieder, wieder öfter, wenn die Sommerferien vorbei sind.

Ich habe davon gelesen, dass mit den Wechseljahren das Kümmer-Hormon Östrogen weniger ausgeschüttet wird und man einfach weniger Lust hat, manche auch eine Wut auf das ständige Gekümmere. Ich bin gerade 35 und trotzdem habe ich, wenn ich ganz ehrlich zu mir bin und alle meine geprägten Mutterbilder und -ansprüche zur Seite räume, darauf oft keine Lust mehr. Gern gemeinsames Familienleben auf Augenhöhe, aber ich bin überkümmert glaube ich.

Vielleicht sind es die Hormone, vielleicht waren es die Ferien. Vielleicht sieht alles wieder anders aus, wenn ich nachher kleine schmutzverschmierte Mäuse aus dem Kindergarten hole, die nichts von mir wollen außer ein Buch vorlesen und ein Eis essen. (Und Emotionen begleiten, und Wut stillen, und Essen kochen, Betten machen, Zähne putzen … aber naja, wollen wir mal nicht so sein…) Vielleicht wenn ich in ihren blitzenden Augen gucke und sie mich in den Arm nehmen und in all ihrer unschuldigen Abhängigkeit meine Liebe brauchen, vielleicht kommt dann auch wieder mehr Lust aufs Kümmern.

Aber jetzt ist es gerade ruhig. Und niemand will etwas. Außer mein Kopf. Für vier Stunden. Vier Stunden nicht kümmern, denn die Ferien sind vorbei.

Was meint ihr? Ist das ein Mythos mit dem Kümmerhormon? Eine Ausrede? Oder ist es einfach ein natürliches Herauswachsen aus der Kleinkindphase?

Eine Antwort auf „Überkümmert

  1. Mir geht’s sehr ähnlich! Ebenfalls 35 und Kinder im ähnlichen Alter deiner. Hab mich noch nie gefragt, ob’s wirklich die Hormone sein können. Aber egal was es ist, es darf so sein ☺️ Schön, dass du wieder schreibst!

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