Ein erfülltes Leben, das uns so glücklich und zufrieden macht, dass wir keinen Urlaub davon brauchen – ist für viele von uns erstmal ein neuer Gedanke. Wir haben uns daran gewöhnt erschöpft und gestresst zu sein und viele von uns haben den Eindruck ständig gegen den Strom zu schwimmen und empfinden das Leben als wahnsinnig anstrengend. Ich habe diesen Gedanken letztens auf Instagram geteilt und darauf unzählige Nachrichten bekommen, in denen ich gebeten wurde, doch mal zu erzählen, wie ich so ein Leben gestalte. Wie geht das? Ein Leben gestalten, von dem man keinen Urlaub braucht?
Ich muss erstmal vorweg nehmen, dass du vieles von dem was ich hier schreibe vermutlich schon mal gehört hast. Wie ich, bevor ich es hundert mal gehört hatte und mich doch nicht angesprochen gefühlt habe. Weil ich irgendwie dachte, dass es auf mich nicht zutrifft, das es zu einfach oder zu schwierig klingt. Entweder ließ es sich meiner Meinung nach mit vier Kindern nicht umsetzten oder es gefiel mir nicht, war zu aufwändig oder ich verlor schnell wieder die Lust daran. Bis ich nicht mehr konnte und zuhören musste, bis ich so erschöpft war, dass ich bereit war auch „zu einfache“ oder ganz schwierige Dinge auszuprobieren. Und ich bin auch immer noch auf dem Weg.
Für mich sind diese Bausteine wichtig geworden:
Beruf oder Berufung?
Der Beruf nimmt einen so großen Teil unseres Lebens ein. Deshalb ist es mir so wichtig, dass meine Arbeit nicht nur meinen Fähigkeiten entspricht, sondern auch zu meiner Persönlichkeit passt.
Fühlst du dich in deinem Job wohl? Spiegelt er deine Stärken wider? Wenn wir unsere Arbeit als Berufung empfinden, dann erfüllt sie uns und gibt uns Energie, statt sie uns zu rauben.
Auch die Menschen, mit denen wir arbeiten, spielen eine große Rolle. Sind sie inspirierend und unterstützend? Oder kosten sie uns mehr Kraft, als sie uns geben? Ein positives Arbeitsumfeld kann einen enormen Unterschied machen. Für mich als Selbstständige bedeutete das auch, mir Verbündete zu suchen, Netzwerke zu knüpfen und zum Beispiel das nächste Buch nicht allein, sondern zu dritt zu schreiben.
In allem Dankbar
Zufriedenheit entsteht aus Dankbarkeit. Man kann nicht für alles dankbar sein, sagt Samuel Koch, aber in allem. Wenn wir ständig nach mehr streben und uns mit anderen vergleichen, verlieren wir das Glück aus den Augen, das bereits in unserem Alltag steckt. Hier sind ein paar einfache Methoden, die du ganz bestimmt nicht das erste mal hörst, wie du Dankbarkeit praktizieren kannst:
1. Dankbarkeitsjournal: Schreibe jeden Tag drei Dinge auf, für die du dankbar bist. Es kann der Duft deines Morgenkaffees sein, ein freundliches Lächeln oder ein Erfolgserlebnis bei der Arbeit. Ann Voskamp schreibt in ihrem Buch „Tausend Geschenke“ ausführlich uns aus christlicher Perspektive über diese Methode.
2. Achtsamkeit: Nimm dir täglich ein paar Minuten Zeit, um bewusst im Moment zu sein. Atme tief ein und aus, schließe die Augen und nehme dich und dein Umfeld für einen Moment bewusst und bewertungsfrei wahr. Das ist für mich so schwierig! Und es tut so unendlich gut!
3. Rituale: Vor dem Essen innehalten und dankbar für die Mahlzeit sein und das vielleicht auch mit einem Gebet oder gesprochenen Satz ausdrücken. Wir erzählen uns auch als Familien beim Abendessen, wofür wir an diesem Tag dankbar sind und was und Schwierigkeiten bereitet hat. Beim Wäsche falten versuche ich bewusst dankbar auf die Menschen blicken, denen die Kleidung gehört. Auch beim Einkaufen oder Kühlschrank einräumen atme ich oft dankbar Richtung Himmel: „Danke, dass wir mehr als genug haben!“.
Feste Zeiten der Ruhe
Viele von uns nutzen den Sonntag als Ruhetag. Für mich hat dieses Konzept leider bisher nicht funktioniert, da der Sonntag oft mehr Arbeit mit sich bringt: Kinder wollen spielen, mein Mann möchte sich entspannen, und ich möchte, dass wir gut und gemeinsam essen. Deshalb habe ich mir einen freien Vormittag unter der Woche eingerichtet, denn diese zeit steht mir zur freien Verfügung, seitdem die Kleinste im Kindergarten ist. Da ziehe ich meine Gummistiefel an und fahre aufs Dorf zum Ponyhof, wo ich Zeit in der Natur und mit Pferden verbringe. Das ist für mich pures Glück! Ich freue mich schon während der Fahrt, höre laut Musik oder Hörbücher. Es ist meine feste Zeit der Ruhe, obwohl sie oft körperlich anstrengend ist. Aber das widerspricht sich ja nicht. Wichtig war mir etwas zu tun, das regelmäßig ist, wobei ich innerlich zur Ruhe komme, abschalte und Freude empfinde und hinterher langfristig (!) erholt bin.
Erschöpfung vorbeugen
Manchmal fällt es mir richtig schwer, mir diese Zeit zu nehmen, weil ich das Gefühl habe, dass es so viel zu tun gibt! Und gerade in Phasen, in denen es mir gut geht und ich mich energiegeladen und stark fühle, bin ich manchmal versucht lieber noch zu Arbeiten anstatt mich zu erholen. Wovon denn? Es geht mir doch gut! Doch ich habe gelernt, wie wichtig es ist, meine Energiereserven aufzufüllen, bevor ich völlig erschöpft bin. Deshalb mache ich auch regelmäßiger Mittagspausen. Ich genieße einen Kaffee im Sitzen und sage zu meinen Kindern: „Ich sitze jetzt hier, bis ich diesen Kaffee getrunken habe, und dann bin ich wieder für dich da.“
Natürlich ist das nicht immer einfach, besonders mit kleinen Kindern. Aber es lohnt sich, schon früh damit zu beginnen. Viele Eltern verausgaben sich völlig für ihre Kinder. An dieser Stelle möchte ich „Meine Grenzen sind dein Halt“ von Nora Imlau empfehlen – ein einfühlsames und entlastendes Buch für Eltern.
Ein Leben, von dem wir keinen Urlaub brauchen, entsteht nicht über Nacht und lässt sich auch nicht von einer Person komplett auf die andere übertragen. Und doch hoffe ich, dass die Elemente Berufung, Dankbarkeit und Ruhe Bausteine sind, die sich auch in dein Leben übertragen lassen. Wir dürfen uns ganz konsequent abgewöhnen, Dauerstress und Erschöpfung als normal zu akzeptieren. Es braucht dazu natürlich bewusste Entscheidungen und die Bereitschaft, Gewohnheiten zu ändern. Manchmal braucht es dazu auch erstmal einen Leidensdruck und manchmal einfach die Sehnsucht danach so zu leben, dass du keinen Urlaub brauchst. Was auch immer dich treibt oder zieht, ich wünsche Dir, dass du dort ankommst!
Lass mich gern wissen, welcher Baustein für dich wichtig ist.