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Ich habe gestern einen Post von einem Pfarrer gelesen, der schreib so etwas wie: „Was wäre wenn die Karwoche anbricht und das wichtigste Fest der Christenheit einläutet und es niemanden interessiert?“ Er schrieb dann weiter darüber, dass Kirche sich neu hinterfragen muss, wie und ob sie für die Gesellschaft relevant werden kann.

Aber das ist tatsächlich gar nicht meine Frage. Ich habe mich in seiner Aussage direkt wiedergefunden, denn auch ich bin total in die Karwoche hinein gestolpert und habe gemerkt, dass wir kaum Traditionen haben, die uns auf Ostern einstimmen.

Mit Traditionen im allgemeinen habe ich sowieso meine Geschichte, denn meine Kindheit war sehr geprägt von steifen religiösen Traditionen und Vorschriften einer sehr strengen christlichen Gemeinde. Davon wollte ich mich erstmal befreien und habe innerlich alle Traditionen abgeschafft. Doch meine Liebe zur Natur und die Entdeckung ihrer natürlichen Rhythmen und Jahreszeiten hat in mir eine Sehnsucht nach Ritualen geweckt. Ich beobachte, dass die nicht von Menschen bearbeitete Welt in einem Rhythmus schwingt und in sich stabil ist. Sie lebt in ständiger Veränderung und doch ist sie durchwoben von Wiederholungen. Ich finde das schön.

Also habe ich mich auf die Suche nach Osterritualen gemacht und zuerst mal entdeckt, dass alle von uns, die sagen, dass sie keine haben, vermutlich doch viel mehr haben als sie denken. Und wäre es nicht schön, die viel bewusster zu erleben, darüber zu sprechen und sie zu uns sprechen zu lassen?

Ostereier

Das machen wir alle. Manchmal denken wir vielleicht, dass das der Teil ist der der christlichen Bedeutung von Ostern im Weg steht. Und tatsächlich ist es so, dass es „heidnische“ Rituale mit Eiern gab, bevor Jesus gestorben und auferstanden ist. In vielen Kulturen steht das Ei als Symbol für Fruchtbarkeit, neues Leben und Wiedergeburt. Dies passte dann einfach gut zum Osterfest, das die Auferstehung Jesu Christi feiert und den Beginn des Frühlings markiert. In der christlichen Tradition wird das Ei auch als Symbol für die Auferstehung Jesu gesehen. Ähnlich wie ein Küken aus dem Ei schlüpft, so ist Jesus aus dem Grab auferstanden. Es ist was man daraus macht. Also warum nicht ganz bewusst Eier suchen?

Das Osterei wird oft bunt bemalt oder verziert, um die Freude und das Leben zu symbolisieren, das mit dem Frühling einhergeht. Das Verstecken und Suchen von Ostereiern ist auch ein beliebtes Ritual, das die Freude am Finden und Entdecken betont. Manche sagen auch, das Finden und überrascht sein ist eine Parallele zu den Frauen, die am Ostermorgen ans Grab gingen und Jesus auferstanden wiedertrafen. Insgesamt steht das Osterei also für neues Leben, Freude und Hoffnung – wichtige Themen, die mit dem Osterfest verbunden sind.

Osterlamm

Ich weiß, das ist ein heikles Thema. Manche Menschen sind der Ansicht Christ:innen sollten allesamt vegan leben, auch Liebe zur Schöpfung. Ihr wisst, ich sehe das nicht so. Aber ich will auch nicht das Schlachten von Lämmern propagieren. Ich will es auch nicht biblisch nennen. Aber ich nenne diesen Punkt, weil er einfach an vielen Familientischen stattfindet und wer Probleme mit Blut und unschuldigem Sterben hat, für den ist Ostern vermutlich sowieso ein schwieriges Fest. Wenn es euch triggert, springt einfach zum nächsten Punkt.

Das Osterlamm erinnert zuerst einmal an das Opferlamm, das im Alten Testament als Symbol für die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei diente. Die Israeliten bestrichen mit dem Blut des Lammes ihre Türrahmen und wurden so vor dem Tod beschützt. Sie taten das im Vertrauen, ohne zu wissen ob es funktioniert. Es war ein Ausdruck des Glaubens und ein Zeichen dafür, dass Gott seine Kinder beschützt. Und ich finde das ein berührendes Bild, wie ein ganzes versklavtes, verzweifeltes Volk voller Hoffnung etwas total unsinniges tut. Es ist für mich ein starkes Bild für Hoffnung in verzweifelten Situationen und den Glauben an Gott, der uns schützt.

Im Neuen Testament wird Jesus als das ultimative Opferlamm dargestellt, dessen Tod und Auferstehung die Erlösung und das ewige Leben für die Gläubigen ermöglicht. Auch wir glauben da in gewisser Weise etwas „unsinniges“ was rein kognitiv nicht richtig greifbar ist. Jesus wird nämlich in der Bibel auch als „der Löwe und das Lamm“ beschrieben. Der Löwe bezeichnet die starke, mächtige Seite von ihm, der Wunder tut und königlich herrscht. An Ostern denken wir allerdings an die zutiefst schwache, menschliche, verletzliche Seite Gottes – und die ist bei ihm neben allen Göttern und Religionen der Welt eben einzigartig. Ein Gott der sich schutzlos und schwach zeigt. Der sich hingibt und opfert. Mit dieser Seite Gottes fühle ich mich in diesen Tagen sehr verbunden – ob ich nun Lammfleisch essen werde oder nicht.

Fasten

Chat GPT sagt auf die Frage „Warum fasten Christen vor Ostern?“:

„Das Fasten vor Ostern, auch bekannt als die Fastenzeit oder die 40-tägige Fastenzeit, ist eine Zeit der Vorbereitung und Buße für Christen auf der ganzen Welt. Diese Zeit beginnt am Aschermittwoch und endet mit dem Osterfest.

Das Fasten hat mehrere Bedeutungen und Ziele für Christen:

Buße: Das Fasten dient dazu, sich auf das Leiden und die Opfer Jesu Christi zu besinnen und sich selbst zu reinigen von Sünden und schlechten Gewohnheiten.

Vorbereitung: Die Fastenzeit soll Christen helfen, sich geistlich auf das Osterfest vorzubereiten, das den Höhepunkt des christlichen Glaubens darstellt – die Auferstehung Jesu Christi.

Verzicht: Durch das bewusste Verzichten auf bestimmte Speisen oder Gewohnheiten sollen Christen lernen, ihre Abhängigkeit von materiellen Dingen zu überwinden und sich stärker auf Gott zu konzentrieren.

Solidarität: Das Fasten kann auch dazu dienen, sich mit den Armen und Bedürftigen zu solidarisieren und sich bewusst zu machen, wie privilegiert man selbst ist.

Insgesamt soll das Fasten vor Ostern den Gläubigen helfen, sich spirituell zu erneuern, ihre Beziehung zu Gott zu vertiefen und sich auf die Feier der Auferstehung Jesu vorzubereiten.“

Für mich persönlich knüpft das Fasten bewusst a den letzten Gedanken zum Osterlamm an. Den Gedanken, dass Jesus bewusst auf Komfort, Wohlstand, Macht und Stärke verzichtete. Sich bewusst einer Sache zu enthalten ist für viele von uns Wohlstands-Christen eine schwierige Übung. Das Leben selbst gibt uns diese Aufgabe nicht mehr, wir erleben zum Beispiel auf natürliche Weise keinen Hunger mehr. Wir können ein Leben von Anfang bis Ende leben, ohne jemals Sorge zu haben hungern zu müssen. Und gerade dieses Vorrecht einmal loszulassen macht etwas mit mir. Mir bewusst etwas zuzumuten ist eine gute Übung und zu sehen, wie schwer mir das schon fällt, lässt mich irgendwie auch demütig werden. Und das ist ein ganz guter innere Haltung vor Ostern.

Mit Kindern ein „Leeres Grab“ backen

Ich habe diese „Empty Tom Rolls“ unter diesem Link entdeckt und seitdem versuchen wir jedes Jahr zu Ostern welche zu backen. Sie sind einfach mit Kindern zu machen und laden dazu ein, die Auferstehung zu erklären, weil der verschwindende Marshmallow die Auferstehung Jesu darstellen soll.

Das Rezept findet ihr hier. Man wälzt einen Marshmallow in Zimt und Zucker, rollt ihn in Teig, schieb das ganze in den Ofen, der Marshmallow löst sich dabei auf und ist beim Essen plötzlich verschwunden. Wenn man dazu uns dabei die Ostergeschichte erzählt hat man einen tollen Überraschungseffekt und noch dazu einen leckeren Kuchen!

Hier noch einmal die

SYMBOLIK DER EINZELNEN TEILE

Marshmallows – der Körper von Jesus

Teig – die Umhüllung des Leichnams Jesu oder des Grabes.

Geschmolzene Butter – Öle zum Einbalsamieren

Zimt-Zucker-Mischung – Gewürze, die zur Salbung des Leichnams Christi verwendet werden.

Backofen – das Grab

Hohlraum im Brötchen – das leere Grab oder die leeren Tücher

Film gucken

Eine weitere Möglichkeit, die Ostergeschichte ins Leben zu holen ist, einen Film zu gucken. Ich kenne leider keinen, der für jüngere Kinder angemessen ist. Allgemein finde ich die Ostergeschichte aber auch sehr intensiv für Kleinkinder und finde es gar nicht schlimm, da einige Jahre sehr oberflächlich zu bleiben und keine verstörenden Details zu erzählen. Auch für viele Erwachsene ist eine Geschichte mit Tod und Blut ja nicht ohne – das liegt meiner Meinung nach aber nicht an der Schrecklichkeit der Geschichte sondern ist ein Zeichen davon wie weit wir Blut, Tod und Leid aus unserem Leben verbannt haben. Wir sind in unserem Alltag nicht mehr damit konfrontiert, keine geschlachteten Tiere auf dem Küchentisch, keine Sterbenden in unseren Häusern und Kranke werden auch sofort in geschlossenen Krankenhäusern versorgt. Auch Wunden kleben wir Pflaster. Es ist als würden wir es nicht sehen wollen. Als würden wir uns solange wie möglich glaubhaft machen wollen, dass der Tod und die Hässlichkeit des Menschseins unser leben nicht berühren wird. In Kulturen mit weniger Wohlstand ist das noch sehr anders.

Und manchmal ist es deshalb gut, sich mal so einen Film reinzuziehen. Mal hinzusehen und sich auch der eigenen Menschlichkeit und Endlichkeit bewusst zu werden. Der Film „Passion Christi“ ist da schon wirklich sehr intensiv. Ich freue mich, dass es ab heute eine Alternative gibt: Die vierte Staffel von „The Chosen“ kommt raus und soweit ich es verstanden habe, beinhaltet sie den Tod und Die Auferstehung von Jesus. Ich habe sie noch nicht gesehen, freue mich aber total drauf und weil alle Staffeln so unglaublich spannend, humorvoll, menschlich und hoffnungsvoll waren, empfehle ich diese jetzt auch einfach uneingeschränkt.

Unter diesem Link gibt es auch Kinokarten zur Premiere in ganz Deutschland, Österreich und Schweiz. Man kann sie auch als DVD kaufen oder kostenlos über die „The Chosen App“ schauen.

All diese Rituale kosten nicht viel Zeit oder Geld, einiges davon machen wir vielleicht sowieso. Diese Rituale leben davon, wie bewusst wir sie wahrnehmen, ob wir sie erklären, sie zelebrieren oder einfach im Stress der vielen Familienfeiern durchziehen und „hinter und bringen“ während wie daran denken ob der Boden und das Bad sauber genug sind.

Ob die Kirche relevant ist oder die Gesellschaft verdorben ist insofern total unwichtig, solange in unseren Herzen und Familien das Leben gefeiert wird. Das Leben im Angesicht von Tod und Leid. Ich wünsche uns allen Ostern, in denen Menschlichkeit, Schwäche und das bewusste Erleben der Hoffnung die stärker ist als unser Tod immer häufiger durchscheint.

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